Precision Farming - Landwirtschaft meets Innovation

Was der Bauer nicht kennt, probiert er nicht? Stimmt nicht! "Precision Farming" trägt zur Zukunftssicherung der Landwirtschaft bei. Ein Interview mit Julia Gunnoltz.

Precision Farming Roboter grow Magazin Thema

Julia Gunnoltz war Head of Innovation bei AgroSolar Europe. Sie untersucht, welche Neuerungen sich mit dem Konzept der Agri-PV optimal verbinden lassen. Dabei beobachtet sie Erkenntnisse aus landwirtschaftlichen Studien einerseits und innovativen AgTech-Startups auf der anderen Seite. Zusammen mit UnternehmerInnen, ForscherInnen und PraxispartnerInnen setzt sie Innovationsprojekte um.

Julia Gunnoltz, Head of Innovation bei AgroSolar Europe

Landwirtschaft ist Tradition. Und dazu gehört immer auch ein gewisses Risiko, denn Landwirtinnen und Landwirte sind auf das Wetter angewiesen. Doch Tradition hin oder her – in Zeiten von immer häufigeren Wetterextremen ist es nur logisch, dass die Branche neue Wege einschlägt. Zukunftsorientierte LandwirtInnen sind deshalb immer auf der Suche nach neuen Technologien, die die Risiken minimieren und ihre Arbeit leichter oder ertragreicher machen.

Ein solcher Schlüssel zu mehr Effizienz ist „Precision Farming“. Was das bedeutet und wieso stetige Innovationen in der Landwirtschaft so wichtig sind, verrät uns Julia Gunnoltz. Sie ist Head of Innovation bei AgroSolar Europe und damit eine treibende Kraft, wenn es um neue Lösungen für die Landwirtschaft der Zukunft geht.

Ganz schön smart!

Precision Farming ist eng mit dem Trend der Landwirtschaft 4.0 verknüpft, bei der moderne Technologien in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz kommen. Man sagt auch „Smart Farming“ oder „Digital Farming“ dazu. Im Deutschen sprechen wir von „Präzisionslandwirtschaft“. Wie genau funktioniert Precision Farming? Es geht darum, landwirtschaftliche Flächen effizient und standortgerecht zu bewirtschaften: Precision Farming basiert auf Informationstechnologien, Sensoren, Datenanalysen sowie Geoinformationssystemen (GIS) und dem Global Positioning System (GPS). Auf diese Weise ist eine genaue Kartierung und Überwachung der Flächen möglich. Auch wichtige Daten wie Bodenfeuchtigkeit, Pflanzenwachstum oder Schädlingsbefall können ausgewertet werden. Das spart Wasser und Pflanzenschutzmittel und verbessert zugleich die Bodengesundheit!

Bewässerungsroboter

Frau Gunnoltz, was genau bedeutet „Precision Farming“?

Dazu gibt es unterschiedliche Definitionen. Nach meinem Verständnis bedeutet „Precision Farming“ oder auch „Präzisionslandwirtschaft“, dass eine Fläche ortsdifferenziert und zielgerichtet bewirtschaftet wird. Momentan sieht es in der Praxis überwiegend so aus, dass ein Traktor über das gesamte Feld fährt. Dabei wird die komplette Fläche in einem Rutsch behandelt – egal, ob es um die Bodenbearbeitung, Bewässerung oder Einsaat geht.

Beim Precision Farming hingegen schaut man punktgenau, wo was benötigt wird und welche Aktion demnach ausgeführt werden muss. Und „punktgenau“ ist hier wörtlich zu nehmen, teilweise geschieht dies nämlich im Zentimeterbereich.

Wieso ist das Thema aktuell so relevant?

Weil Landwirtinnen und Landwirte Ressourcen sparen wollen. Wenn ich beispielsweise meinen ganzen Acker mit einem Mal behandle, dann bringe ich recht großflächig Ressourcen aus. Diese können Wasser, Dünger oder auch Pflanzenschutzmittel sein. Es ist also eine „Breitbandbehandlung“ der gesamten Anbaufläche. Aber benötigt überhaupt jedes Fleckchen diese Mengen? Wenn ich hingegen meine Ressourcen präziser einsetzen könnte – an jeder Stelle exakt so viel wie nötig –, dann könnte ich damit viel sparen: Wasser, Dünger, Pflanzenschutzmittel und damit am Ende auch Geld. Vor allem beim Thema Wasser ist dieser Sparfaktor gerade sehr aktuell, da gängige Methoden wie Beregnung nicht sehr effizient sind.

Hier sehe ich auch viele Möglichkeiten in der Robotik: Es gibt große Traktoren, die mittlerweile schon Precision-Farming-Module anbieten. Allerdings müssen die LandwirtInnen diese Traktoren trotzdem über die gesamte landwirtschaftliche Fläche bewegen – das kostet Zeit. Ich denke, dass Robotik eine große Rolle spielen wird, um die Ackerböden in Zukunft punktgenau und mit automatischer Navigation unabhängig von der zeitlichen Verfügbarkeit der LandwirtInnen zu bearbeiten.

Traktor mit digitalem Bedienfeld

Bleiben wir noch kurz beim Thema Bewässerung: Wo liegt aktuell das Problem und was könnte man besser machen?

Bei den herkömmlichen, traditionellen Bewässerungssystemen werden oft Wasserkanonen oder Sprinkler eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine sehr breitflächige Bewässerung. Die Nachteile liegen auf der Hand: Die Verdunstung ist sehr hoch, und durch die Abdrift ergibt sich ebenfalls ein Verlust, denn es kommt nicht die gesamte Wassermenge bei den Pflanzen an. Eine Alternative wäre, die Pflanzen präzise mit Tropfschläuchen zu bewässern. Dies lässt sich im Gemüseanbau oder bei Beerenkulturen auch praktikabel umsetzen. Aber wenn ich jetzt anfange, meinen ganzen Acker mit Tropfschläuchen zu durchziehen, wäre das nicht nur ein enormer Einsatz von zusätzlichem Material, sondern die Schläuche würden auch bei der Bodenbearbeitung hinderlich sein. Und sie halten auch nicht ewig.

Aktuell werden in Deutschland nur zwei Prozent der landwirtschaftlichen Flächen bewässert. Wenn die Sommer aber, wie in den vergangenen Jahren, immer längere Trockenphasen aufweisen, dann können wir davon ausgehen, dass zukünftig auch Kulturen bewässert werden müssen, die bisher kein zusätzliches Wasser benötigten. Dann sprechen wir von großflächiger Bewässerung auf Kartoffeläckern, Rübenäckern oder Schnittlauchfeldern. Hier schafft ein Roboter enorme Abhilfe: Er fährt den ganzen Tag auf der Fläche herum und identifiziert, wo genau in diesem Moment Wasser benötigt wird, und bringt es dann ganz gezielt an der Pflanze aus.

Die Probleme sind also erkannt, die Ideen schon da. Aber wird dies bereits in großem Stil praktiziert, oder handelt es sich bisher nur um Versuchsrobotik?

Ich würde sagen, Robotik in der Landwirtschaft ist momentan eher noch im Forschungsstadium, aber mit großem Potenzial zum Sprung in die Anwendung. Meiner Meinung nach sind wir nicht weit von der Markteinführung entfernt. Denn die Technologien sind bereits da: vollautomatisiertes Fahren und Navigieren sowie die Erkennung der Bodenbedürfnisse, die häufig mittels künstlicher Intelligenz wie maschinellem Lernen erfolgt. Jetzt müssen diese Technologien nur noch wirtschaftlich werden: Kann ich mit der Anschaffung so viele Ressourcen sparen, dass sie sich lohnt? …

Dies ist eine gekürzte Version des Artikels “Landwirtschaft meets Innovation” aus dem grow Magazin. Lesen Sie den kompletten Artikel, indem Sie sich das grow Magazin herunterladen.

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