Auf der Erde geht nichts verloren. Doch dies bedeutet nicht, dass alles jederzeit und in der gewünschten Menge verfügbar ist. Das gilt vor allem für Wasser – dem wertvollsten Gut in der Landwirtschaft.
Auf den ersten Blick ist Deutschland gut aufgestellt, wenn es ums Wasser geht: Während die internationale Landwirtschaft mit rund 70 Prozent der weltweit größte Wasserverbraucher ist, wird der Wasserbedarf auf deutschen Feldern zu 99 % durch Regen gedeckt. Aktuell werden hierzulande nur rund zwei Prozent der landwirtschaftlichen Flächen bewässert. Dabei zählen Gemüse und Kartoffeln zu den „durstigsten“ Pflanzen.
Allerdings verteilt Petrus den Niederschlag nicht ganz gleichmäßig: Während im Bergischen Land, dem Schwarzwald oder im Harz bis zu 1.200 Millimeter Niederschlag im Jahr fallen, stehen in manchen Regionen Frankens, Brandenburgs oder Thüringens weniger als 500 Millimeter zur Verfügung.
Wo auch immer wir uns in Deutschland befinden: Die Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, dass der Klimawandel auch die Niederschlagsdaten mächtig durcheinanderwirbelt, denn in dieser Zeit war das Niederschlagsdefizit besonders extrem. Aus Agrar-Sicht ist dabei nicht nur die Gesamtsumme der Wassermenge im Jahr wichtig, sondern vor allem die Zeit, zu der es regnet – während des Pflanzenwachstums. Der Klimawandel beeinflusst also
schon jetzt die deutschen Äcker – Hitzeperioden, staubtrockene Böden und Extremwetterereignisse verlangen nach zukunftsfähigen Lösungen. Um die Veränderungen und Anpassungsmöglichkeiten noch besser einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf den Wasserkreislauf.
Als sich die Erde vor 4,5 Milliarden Jahren abkühlte und der erste Ur-Ozean entstand, begann der Wasserkreislauf. Seitdem ist unser Wasser unermüdlich unterwegs – von den Höhen der Atmosphäre bis hinab in tiefste Gesteinsschichten. Es „recycelt“ sich dabei selbst.
Einfach gesagt, wird dieser Kreislauf von der Sonne und der Schwerkraft angetrieben (siehe Info-Grafik). An der Meeresoberfläche verdunstet durch die Sonneneinstrahlung am meisten Wasser. Dadurch entsteht Luftfeuchtigkeit, die vom Wind weitertransportiert wird (Wasserdampftransport). Mineralien wie das Meersalz bleiben zurück. Beim Aufsteigen kühlt die Luft ab und kondensiert zu Tropfen. Dabei bestimmt die Temperatur, ob der Niederschlag in Form von Regen, Schnee oder Hagelkörnern zurück auf die Erde fällt. Hier sammelt es sich dann in Gewässern oder tritt unterirdisch als Sickerwasser seine Reise durch die verschiedenen Gesteins- und Sandschichten an: Auf diese Weise wird es gefiltert und es entsteht unser sauberes Grundwasser. Auch das Schmelzwasser von Gletschern und Schnee in den Bergen kehrt – gemeinsam mit dem Grundwasser – über Flüsse und Bäche ins Meer zurück. So beginnt der Kreislauf von vorn. Anders als andere Rohstoffe wie Kohle oder Erdöl, kann unser Wasser also nicht „aufgebraucht“ werden. Nur die Menge des nutzbaren Wassers kann sich verringern, etwa durch Verschmutzung.
Der Wasserkreislauf bewegt enorme Mengen: Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie haben ausgerechnet, dass durchschnittlich weltweit 65.000 Kubikkilometer Wasser pro Jahr allein auf der Landfläche verdunsten – dies entspricht fast der Wassermenge des Kaspischen Meers, des größten Sees der Erde.
Von der globalen Sicht kommen wir nun zum Wasserkreislauf in der hiesigen Landwirtschaft. Auch dabei spielt Verdunstung eine wichtige Rolle: Pflanzliche Transpiration macht bis zu 45 Prozent aus, Verdunstung am Boden bis zu 15 Prozent. Die Versickerung gibt maximal 45 Prozent des Wassers zurück in den natürlichen Kreislauf. Ein Teil des Wassers, das von Tieren und Pflanzen aufgenommen wurde, findet als Gülle oder in Form von Ernteresten wieder den Weg zurück auf den Acker. Nur der geringste Teil des Regenwassers wird zum Beispiel im Stroh oder Getreide gespeichert. Damit greift die deutsche Landwirtschaft – im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen wie etwa der Energieerzeugung – bislang nur sehr geringfügig in den Wasserkreislauf ein.
Zur Zeit nutzt die Landwirtschaft nur ein bis zwei Prozent des entnommenen Grundwassers, doch dieser Bedarf wird stark steigen. Schon jetzt entstehen dadurch Konflikte. Der Hintergrund ist, dass Deutschland nur über wenige große Süßwasserspeicher verfügt – wie beispielsweise den Bodensee. Damit ist das Grundwasser unsere wichtigste Süßwasserquelle. Doch so schnell wie Industrie und Landwirtschaft das Grundwasser abpumpen, kann es durch natürliche Versickerung gar nicht aufgefüllt werden. Unser unterirdischer Speicher leert sich dadurch stetig. Hinzu kommt, dass Düngemittel und Pestizide Wasser verschmutzen und dadurch die Vorräte zusätzlich verringern.
Ganz klar ist dies eine überspitzte Formulierung, aber wahr ist: Deutschlands Grundwasserspiegel sinkt messbar. Seit 1990 sind die Wasserspiegel in Deutschland teils dramatisch gesunken, wie das Netzwerk Correctiv berichtet. Verursacher sind vor allem die Industrie und Trinkwasserförderung. Im Zusammenspiel mit der klimabedingten Trockenheit verringern sich unsere Wasserreserven. Historisch tiefe Pegelstände im Rhein, Waldbrände in Sachsen, staubtrockene Äcker und Aufrufe an die Bevölkerung zum Wassersparen verdeutlichen die zunehmende Wasserknappheit in der Bundesrepublik.
Eine Situation, die der Klimawandel noch verschärft: „Extremwetterereignisse“ ist das Buzzword, mit dem Phänomene wie Hitze, Dürre, Dauer- und Starkregen, Sturm und Kahlfrost beschrieben werden. Die deutsche Landwirtschaft steht vor klimabedingten Herausforderungen wie Hitze und Dürre in der Vegetationsperiode, zunehmend trockenen Böden, Frühjahrstrockenheit und der regional ungleichen Verteilung von Niederschlägen.
Es wäre zu einfach, allein dem fehlenden Regen die Schuld zu geben. Denn auch die Verdunstung spielt eine entscheidende Rolle: Sie ist einer der vier Faktoren für die Wasserbilanz – neben Niederschlägen, Grundwasser und Rückfluss. Wir können Verdunstung im Gegensatz zum Regen nicht sehen oder hören. Trotzdem kennt jeder den Effekt: Wenn man ein Badehandtuch an einem trockenen, windigen Sommertag aufhängt, ist das Wasser zwischen den Fasern ruck-zuck verdunstet. Genauso „trocknen“ auch unsere Böden bei andauerndem heißem Wetter.
Seit 1766 hat es in Mitteleuropa keine so ausgeprägte Dürre-Sommer gegeben wie in den Jahren 2018 bis 2020. Auch 2022 setzte sich der Trocken-Trend in vielen Regionen fort, wie der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung zeigt. Analog dazu haben Hydrologen festgestellt, dass im weltweiten Vergleich insbesondere Mittel- und Westeuropa in den letzten 20 Jahren am meisten Wasser verloren hat.
Die Zukunft verspricht keine Besserung: Durch steigende Temperaturen und fehlende Bodenfeuchte kühlt sich die Luft noch weniger ab, was wiederum zu mehr Verdunstung führt – ein Teufelskreis entsteht. Europa muss sich also weiterhin auf trockene Böden einstellen – und dabei spielen eben nicht nur geringere Niederschläge und Wasserentnahmen eine Rolle, sondern auch die „unsichtbare“ Verdunstung.
Es ist kein Widerspruch, wenn wir nun von der Trockenheit zum anderen Extrem, dem Starkregen, kommen. Paradoxerweise hat auch dieses Phänomen mit Wassermangel zu tun: Denn wenn Starkregen auf die Äcker trifft, fließt der Großteil der Wassermassen ab, weil der trockene Boden diese Mengen nicht so schnell aufnehmen kann. Das Wasser versickert nicht, was die Trockenheit der Böden noch verstärkt. Die Äcker brauchen einen anhaltenden, moderaten Regen und keine Sintflut.
Starkregen kann außerdem die Ernte niederdrücken und dadurch zu Ertrags- und Qualitätseinbußen führen. Zudem verschlämmt der Boden, es kann sich Staunässe bilden und Pflanzenteile können faulen. Bei anhaltendem Starkregen kann in Hanglagen sogar der fruchtbare Oberboden weggespült werden, was die Bodenqualität über Jahre hinweg beeinträchtigt.
Wie gut die Böden Wasser aufnehmen, hängt von vielen Faktoren ab: Neben der Bodenart (Korngröße) ist die Menge der Poren im Boden, der Humusgehalt und die Art der Tonminerale wichtig. Die Fähigkeit des Ackers, das Wasser gegen die Schwerkraft zu halten und damit für Pflanzen verfügbar zu machen, nennt man auch „Speicherfeuchte“. Zum Beispiel speichern lehmige Böden den Niederschlag besser als sandige Böden. Das Gleiche gilt für Böden mit einem hohen Humusgehalt – denn die organische Substanz ist so durstig wie ein Schwamm und kann viel Wasser aufnehmen.
Es gibt eine große Bandbreite an Möglichkeiten, den Wasserhaushalt in der Landwirtschaft positiv zu beeinflussen: Zum Beispiel unterbricht die Bearbeitung mit dem Grubber (landwirtschaftliches Gerät, das den Boden lockert, ohne ihn zu wenden) die wasserführenden Poren in der obersten Bodenschicht und hemmt damit die Verdunstung. Auch der Humusgehalt kann durch die Zufuhr von organischer Masse konsequent gesteigert werden, zum Beispiel durch Dünger, Kompost, Ernterückstände, Begrünungen, eine den Humus stabilisierende Fruchtfolge und eine weniger intensive Bodenbearbeitung. Wenn die Erde gut durchwurzelt und von Mulch bedeckt ist, verbessern sich der Humusgehalt und die Speicherkapazität. Ein hoher Anteil an Gehölzen, Hecken und Pufferstreifen sowie renaturierte Gewässer und überflutbare Auen können ebenfalls Teil der Lösung sein.
Neue Pflanzenkulturen, die toleranter gegenüber Trockenheit sind, können angebaut werden. Technologien wie Tröpfchenbewässerung oder Sensoren zur Messung der Bodenfeuchte bieten weitere Möglichkeiten, die Bewässerung zu optimieren. Auch risikominimierende Techniken wie die Ableitung von zu viel Wasser (Dränung) oder Frostschutzventilatoren im Obstbau können für einzelne Betriebe Sinn machen.
Agri-PV kombiniert somit auf intelligente Weise Landwirtschaft mit regenerativer Stromerzeugung. Gleichzeitig profitieren landwirtschaftliche Betriebe von einer weiteren lukrativen Einnahmequelle mit Zukunft.
Durch das Wassermanagement und die verbesserte Speicherfähigkeit der Böden sorgt Agri-PV dafür, dass lokal mehr Wasser zurückgehalten wird und für die Pflanzen länger verfügbar bleibt. Doch wie genau funktioniert dies? Ein Teil des Niederschlags wird aufgefangen, in Tanks gesammelt und kann mithilfe von Tröpfchenbewässerungsanlagen zugeführt werden. Dank des Sonnenschutzes sinkt der Bewässerungsbedarf gleichzeitig um bis zu 20 Prozent – je nach individuellen Gegebenheiten kann es sogar noch viel mehr sein. Außerdem hilft das gezielte Bewässerungsmanagement dabei, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verringern. Grund dafür ist, dass die Pflanzenschutzmittel durch die Teilüberdachung und Tröpfchenbewässerung nicht von den Blättern und Fruchtkörpern „abgewaschen“ werden. Besonders der Einsatz von Fungiziden kann dadurch vermieden werden.
Auf diese Weise entsteht unter der Teilüberdachung ein besseres Mikroklima, das sich – je nach Pflanzenart – förderlich auf die Entwicklung auswirken kann. . Somit wird der Boden nicht nur vor Austrocknung geschützt, sondern auch noch gestärkt.
Die Agri-PV verfügt noch über ein weiteres Ass im Ärmel, das vor allem in Politik und Öffentlichkeit für hohe Aufmerksamkeit sorgt: Anstatt bis 2030 jeden Tag 40 Fußballfelder mit Solaranlagen zu bestücken (so Bundeskanzler Olaf Scholz im März 2023 bei
einer Pressekonferenz), vermag es die Agri-Photovoltaik, fruchtbare und ertragreiche Böden mit erneuerbarer Energiegewinnung im großen Maßstab zu vereinen. Anders ausgedrückt: Wenn nur vier Prozent der landwirtschaftlichen Flächen mit Agri-PV kombiniert werden, können wir damit den Energiehunger unseres Landes komplett decken. Es ist also eine revolutionäre Innovation, die im Klimadiskurs konsequent die Perspektive der Landwirtinnen und Landwirte einnimmt – statt, wie sonst, die der Energieerzeuger. Mit Agri-Photovoltaik wappnet sich die Landwirtschaft für den Klimawandel.
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